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Kooperation von stationärer Altenhilfe und ambulanter Hospizarbeit – In der Zusammenarbeit steckt großes Potenzial

Pflegeheim-Bewohner sind häufig hochbetagt und multimorbide. Umso wichtiger ist es, sie während ihrer letzten Lebensphase bedürfnisgerecht zu begleiten.

Wenn Menschen älter werden und Hilfe benötigen, sind die Stationen auf dem Weg der Unterstützung oftmals klar definiert: Sozialstation, Betreutes Wohnen, Altenheim und dann gegebenenfalls das Hospiz. Dass Menschen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben möchten, ist gut nachvollziehbar. Nach dem Einzug in ein stationäres Altenheim – das neue Zuhause – spielt das Thema Hospizarbeit gedanklich zunächst weder bei Angehörigen, noch bei Bewohnern eine Rolle. Doch durch den relativ späten Einzug der Senioren in ein Pflegeheim ist das Thema Sterben bei den verantwortlichen Pflegefachkräften durchaus mit im Blickfeld. Dabei wird die Verknüpfung der stationären Altenhilfe mit der ambulanten Hospizarbeit manchmal jedoch eher als Pflichtprogramm betrachtet, ohne das darin schlummernde große Potenzial zu sehen. Zwischen gewünschter und tatsächlich gelebter hospizlich-palliativer Qualität in den Pflegeheimen gibt es deutliche Diskrepanzen.

Doch diese Kombination kann sehr gut funktionieren. Das zeigt ein Beispiel aus Osnabrück. Hier arbeiten die stationäre Altenhilfe der Diakonie und der ambulante Hospizdienst Osnabrück als Team besonders eng zusammen. Eine Idee, die auch von außen betrachtet ausgezeichnet ist und zum Nachahmen animieren soll.

Wertschätzung als Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit

Wenn Frauke Müller, Ehrenamtliche des Hospizvereins aus Osnabrück, eines der acht Altenheime der Diakonie Osnabrück betritt, wird sie bereits am Empfang freundlich begrüßt. Sie ist hier bekannt, geht ein und aus und wird als Kollegin wahrgenommen und geschätzt. „Das war nicht immer so“, erklärt Sabine Weber, Geschäftsführerin der Diakonie Osnabrück. Um zu einer so wertvollen und selbstverständlichen Zusammenarbeit von Hospizarbeit und Altenhilfe zu kommen, bedurfte es einer gewissen Vorbereitung und viel Kommunikation, die sich gelohnt hat. „Durch gemeinsame Treffen haben wir innerhalb beider Teams – Hospiz und Altenheim – einen Austausch auf Arbeitsebene geschaffen, der schnell deutlich machte, dass eine enge Zusammenarbeit für alle Beteiligten von unschätzbarem Wert und damit eine große Bereicherung ist“, so Sabine Weber weiter. Pflegekräfte werden entlastet, Hospiz-Mitarbeitende finden schneller einen persönlichen Zugang zum sterbenden Bewohner, gemeinsamer Austausch bringt durch unterschiedliche Blickwinkel neue Aspekte mit sich. In der Zusammenarbeit wurde schnell klar, dass beide Seiten sehr viel hinzugewinnen und sich ergänzen. „Das erleichtert die jeweilige Arbeit sehr. Pflegekraft und Hospiz-Mitarbeiter treten als Team auf und unterstützen sich gegenseitig“, beschreibt Sabine Weber die gelungene Zusammenführung.

Zum Einschlagen dieses Weges bedarf es jedoch einer wesentlichen Grundvoraussetzung, meint Ellen Hassolt, Leitende Koordinatorin des Osnabrücker Hospizdienstes: „Es reicht nicht aus, dass Mitarbeitende aus Pflegeheim und Hospizdienst miteinander arbeiten wollen. Nur wenn auch die Geschäftsführungen beider Bereiche eine Zusammenarbeit befürworten, ist diese von Erfolg gekrönt.“ Ein „Wir-Denken“ sei erforderlich und der konsequente Blick auf den zu betreuenden Menschen. „Nur um ihn geht es!“, so Ellen Hassolt.

Kritiker mögen nun denken, dass die Zusammenarbeit beider Dienste in erster Linie dem Arbeitsüberfluss der Pflegekräfte geschuldet und aus der Not heraus geboren ist. Doch dem ist nicht so. Diejenigen, die in erster Linie von solch einer engen Kooperation profitieren, sind die Bewohnerinnen und Bewohner der Altenheime sowie deren Angehörige. Wenn Menschen ins Altenheim kommen, tun sie dies meist aufgrund des Verlustes der eigenen Mobilität, der Macht über ihren Körper, gezeichnet durch Krankheit und in einem weitaus höheren Alter, als dies noch vor Jahren bei Eintritt in eine Altenhilfe-Einrichtung der Fall war. „Sie kommen dann, wenn es zu Hause einfach nicht mehr geht und sie nicht nur hauswirtschaftliche, sondern auch pflegerische Unterstützung benötigen. Die Zeit, die alte Menschen in ihrem neuen Zuhause, dem Altenheim, verbringen, ist häufig kurz, so dass eine Sterbebegleitung leider oft relativ schnell notwendig wird“, beschreibt Sabine Weber die heutige Aufnahmesituation in den Pflegeeinrichtungen. Insbesondere dieses Wissen führt dazu, dass mit der Entlastung der Angehörigen oftmals ein schlechtes Gewissen einhergeht, den Verwandten für seine letzte Lebenszeit in einem Altenheim „abzugeben“. Hier ist es umso wichtiger, allen Beteiligten von Beginn an das gute Gefühl zu vermitteln, dass der Bewohner bis zu seinem letzten Tag ein neues, aber echtes Zuhause bekommt, in dem er gut versorgt und herzlich begleitet wird – bis zu seinem Tod.

Dass das Wohnen im Altenheim in der Regel der letzte Abschnitt des Lebens ist, wissen alle Beteiligten. Menschen auf diesem letzten Lebensweg zu begleiten, erfordert sowohl von Pflege-, aber insbesondere auch von Hospiz-Mitarbeitenden ganz besondere Fähigkeiten. Der Osnabrücker Hospiz-Dienst arbeitet mit zahlreichen Ehrenamtlichen, die vor ihrer eigentlichen Arbeit besonders intensiv vorbereitet und sehr gut geschult werden. „Nicht jede Person, die sich für das Ehrenamt im ambulanten Hospizdienst bewirbt, stellt sich im Vorgespräch als wirklich geeignet heraus. Die Beweggründe, im Hospiz zu arbeiten, sind von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und genau zu hinterfragen“, erklärt Ellen Hassolt, warum Ehrenamtsbewerber auch mal abgelehnt werden. Im Fokus der Sterbebegleitung stehe immer der sterbende Mensch, die Bedürfnisse und Beweggründe des Sterbebegleiters müssen hinten anstehen. „Sterbebegleitung bedeutet, mit jemandem in Schwingung zu gehen und auf den Sterbenden einzugehen. Dabei kann die Beziehung innerhalb kürzester Zeit sehr intensiv werden. Wichtig ist es, zu erkennen, ob jemand alleine sterben möchte, ihm aber dabei gleichzeitig deutlich zu zeigen, nicht alleine sterben zu müssen. Der Sterbende soll nicht einsam sein, aber für sich allein bleiben dürfen, wenn er es wünscht. Hierfür ist eine besondere Sensibilität des Begleitenden gefragt, sonst gelingt Sterbebegleitung nicht“, beschreibt Ellen Hassolt eine der Herausforderungen, die den Ehrenamtlichen im ambulanten Hospizdienst regelmäßig begegnet. Um Sterbebegleiter umfassend auf ihre Aufgabe vorzubereiten, bietet der Osnabrücker Hospizdienst gemeinsam mit den Altenhilfeeinrichtungen der Diakonie Osnabrück gemeinsame Seminare und Ausbildungsgänge an. Bereits hier beginnt die enge Kooperation
zwischen stationärer Altenhilfe und ambulanter Hospizarbeit – der Grundstein für die nun schon seit vielen Jahren andauernde erfolgreiche Zusammenarbeit.

Eine Kooperation zwischen Pflegeheim und ambulantem Hospizdienst geht weit über den Auftrag der Sterbebegleitung sowie die Ausbildung und Koordination ehrenamtlicher Mitarbeitender hinaus. Sie erfordert auch die Beratung von Angehörigen und den Bewohnern nahestehenden Menschen sowie den teamorientierten Austausch mit den Pflegekräften. Zusätzlich sind der Ausbau und die Pflege eines bestehenden Netzwerkes von besonderer Bedeutung, um die Kooperation zukunftsfähig zu halten. Reiner Selbstzweck der einen oder anderen Seite darf kein Grund für eine Zusammenarbeit sein. Dementsprechend sollte eine Kooperation zwischen Pflegeheim und ambulantem Hospizdienst an Bedingungen geknüpft sein, die sinnvoll für beide Seiten und allen Mitarbeitenden bekannt sind. Verschriftlichte Vereinbarungen tragen zu Transparenz und Verbindlichkeit bei. „Die Auszeichnung mit dem Niedersächsischen Hospizpreis 2018, die insbesondere die positive Zusammenarbeit zwischen unseren stationären Pflegeheimen und dem ambulanten Hospizdienst hervorgehoben hat, belegt nun auch von externer Seite, dass wir hier einen offensichtlich sehr guten Weg gewählt haben. Den wollen wir noch viele Jahre gerne so weitergehen“, so Sabine Weber. „Dem kann ich nur zustimmen“, schließt Ellen Hassolt.

Karina Eggers / DIOS Leitung Unternehmenskommunikation und Fundraising / erschienen bei CAREkonrekt

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